Hasel – die Vielseitige

Die Hasel (Corylus avellana) besaß in der Volksmedizin, in Bräuchen, bei Zauberpraktiken und in der Rechtsgeschichte eine sehr große Bedeutung und kommt in vielen Redewendungen, Märchen, Liedern und Sagen vor. Ursprünglich war die Hasel in Europa nördlich der Alpen seit dem Neolithikum die Nuss an sich, denn der Walnussbaum wurde erst in der Zeit vom 8. bis 12. Jahrhundert in Deutschland eingeführt und beschränkt sich auf klimatisch begünstigte Standorte. Die Hasel hingegen ist weit verbreitet, robust und übersteht selbst härteste Winter. Ihre frühe Blüte ist der ersehnte Vorbote des Frühlings. Sie liefert nicht nur nahrhafte und wohlschmeckende Nüsse, sondern auch die vielseitig zu gebrauchenden Ruten, die sich gut zum Flechten von Zäunen, Matten und Körben eignen. Mit Haselzäunen schützte man Gärten, Gehöfte und Dörfer.

Die Hasel gehört zur Familie der Birkengewächse. Der Strauch kann ein Alter von hundert Jahren erreichen. Er wird etwa fünf Meter hoch, entwickelt eine Pfahlwurzel und starke Seitenwurzeln und bildet an der Stammbasis zahlreiche Schösslinge. Der Durchmesser starker Stämme beschränkt sich auf 15 bis 18 cm. Die wirtschaftliche Bedeutung des Holzes ist eher gering. Früher fertigte man Fassreifen, Gehstöcke, Bogen, Armbrüste und Speerschäfte daraus. Von deren Herstellung lebten seit dem Mittelalter viele Menschen im Frankenwald und in den Wäldern am Obermain. Die Produkte wurden zusammen mit anderen Handelswaren auf Langholzflößen transportiert und entlang des gesamten Mains bis nach Mainz verkauft.

Die Hasel wagt sich zwar bis in raue Gebirgslagen und auch in den hohen Norden Europas, aber karge Böden verträgt sie nicht. Sie mag es nährstoffreich und feucht. Zehn Jahre dauert es, bis die Hasel das erste Mal Früchte trägt. Die Nüsse enthalten 60 % fettes Öl und über 40 Aromaverbindungen, die sich vor allem beim Rösten entfalten. Für die Menschen waren die Haselnüsse seit der Vorzeit eine wichtige und begehrte Zukost. Die Ausbreitung der Hasel besorgen vor allem die Eichhörnchen und die Häher, die sich einen Wintervorrat an Nüssen anlegen und stets einen Teil ihrer Verstecke vergessen.

Die Hasel ist unter den einheimischen Gehölzen die erste Vorbotin des Frühlings. Heute blüht sie in manchen Gegenden bereits im Januar und zeigt damit den Klimawandel an: Verglichen mit den 1950er Jahren blüht sie nun rund 20 Tage früher als noch in den 1950er Jahren.

Die Nüsse, die wir im Handel erwerben, stammen nicht von der heimischen Haselnuss, sondern von der Lambertshasel (Corylus maxima). Sie bildete größere Sträucher und Bäume aus, ist aber kälteempfindlicher als die in Mitteleuropa heimische Hasel. Mit über 700.000 Tonnen führt die Türkei diejenigen Staaten an, in denen die Nussernte eine wirtschaftliche Rolle spielt. Es folgen Italien, Aserbaidschan, die USA, Chile und China.

Da sich die einheimische Hasel und die Lambertshasel miteinander kreuzen lassen, gibt es inzwischen zahlreiche Varietäten und Zuchtformen. Auch die drei auf dem Museumsgelände um 1984 gepflanzten Sträucher unterscheiden sich hinsichtlich der Fruchtform, der Schalendicke und des Geschmacks.

Die Bezeichnung der bei uns heimischen Art „avellana“ leitet sich übrigens ab von der Stadt Avella in Kampanien. Dort in der Nähe des Vesuvs wurden bereits in der Antike Haselnusssträucher kultiviert. Auch die Gegend um den Ätna ist berühmt für große und wohlschmeckende Haselnüsse.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Claudia Munker

    Vielen Dank für den schönen Haselnussartikel! Dass sie 40 Aromastoffe beinhaltet hat mich sehr überrascht. Damit hätte ich nicht gerechnet. Ebenso interessant finde ich, dass die Türkei die größten Haselnussmengen produziert.
    Mittlerweile ist ja die Walnuss bei uns heimisch, daher würde mich ein Vergleich zwischen beiden Nüssen interessieren.
    Herzliche Grüße, Claudia Munker

    1. Birgit Jauernig

      Hallo Frau Munker,
      es freut mich, dass Ihnen mein Artikel gefallen hat. An sich wollten wir mit dem Ende der Gartensaison auch den Blog bis zum Frühjahr ruhen lassen, weil jetzt die Vorbereitungen für die neuen Ausstellungen im Vordergrund stehen. Wenn wir es zeitlich schaffen sollten, bringen wir noch etwas zur Walnuss, aber versprechen kann ich es nicht.
      Viele Grüße
      Birgit Jauernig

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